Mit den richtigen Daten und Analysen wird ESG zum Erfolg


Als eine der Hauptverantwortlichen für den Ausstoß der Treibhausgasemissionen ist die Bau- und Immobilienbranche gefordert, künftig Gebäude zu realisieren, die ESG-konform sind. Um ESG vom Schlagwort in die Realität zu überführen, braucht es jedoch auch eine Datenbasis, mit der gearbeitet werden kann. Erforderlich ist dafür ein digitales Konzept – das mit Hilfe von Datenanalysen umgesetzt wird.

Damit unser Planet auch für künftige Generationen noch lebenswert ist, ist Klimaschutz zur Notwendigkeit geworden. Vor diesem Hintergrund zielt der European Green Deal darauf ab, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen sowie die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 1999 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren. Dabei ist vor allem die Bau- und Immobilienbranche gefordert, da der Gebäudesektor nicht nur für rund 35 Prozent des Gesamtenergiebedarfs verantwortlich ist. Er verursacht auch rund 30 Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Um hier Abhilfe zu schaffen, weist der European Green Deal der "Sustainable Finance Strategie" eine tragende Rolle zu. Diese umfasst folgende EU-Regularien, um die Transparenz der Unternehmen im Bereich des nachhaltigen Wirtschaftens zu steigern und Kapital in eine nachhaltige Wirtschaft umzulenken: die CSRD, SFDR und EU-Taxonomie. 

CSRD

Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) betrifft die Nachhaltigkeitsberichtserstattung von Unternehmen. Waren früher lediglich kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden zu einem sogenannten “nicht-finanziellen” Bericht verpflichtet, sieht die CSRD vor, dass künftig alle großen Unternehmen unabhängig ihrer Kapitalmarktorientierung einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen. Dies betrifft dann alle Unternehmen, die mehr als 250 Mitarbeitende beschäftigen und über 20 Millionen Euro Bilanzsumme oder über 40 Millionen Euro Umsatz aufweisen – wobei mindestens zwei dieser drei Kriterien erfüllt sein müssen. Auch kleine und mittelgroße kapitalmarktorientierte Unternehmen sollen in Zukunft zu Nachhaltigkeitsberichterstattungen verpflichtet werden, wobei konkrete Inhalte über eigene EU Sustainability Reporting Standards festgelegt werden sollen.

SFDR

Die EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (SFDR) gibt vor, dass Entwickler und Anbieter von Finanzprodukten und Finanzberater ihren Kunden offenlegen müssen, inwiefern sie in den Entscheidungsprozess für ihre Finanzprodukte Nachhaltigkeitsfaktoren einbeziehen. Zudem müssen sie über die wesentlichen nachteiligen Nachhaltigkeits-Auswirkungen ihrer Finanzprodukte informieren.

EU-Taxonomie und ESG

Mit der EU-Taxonomie wird festgelegt, welche Kriterien für nachhaltige Investitionen erfüllt sein müssen. Diese ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Hier werden ESG-konforme Richtlinien (Environmental, Social, Governance) definiert, die festlegen, wie ein Projekt aussehen muss. Elemente der Taxonomie-Verordnung werden seit dem 1. Juli 2022 in die Offenlegungspflichten der SFDR integriert.  

Die SFDR macht das ESG-Reporting einem ausgewählten Kreis an Unternehmen bereits zur Pflicht. So müssen viele Finanzmarktteilnehmer, Projektentwickler und Bestandshalter von nun an die ESG-Konformität ihrer Immobilien nachweisen. Doch auch diejenigen in der Bau- und Immobilienbranche, die die Pflicht zum ESG-Reporting derzeit noch nicht betrifft, stehen vor der Aufgabe, sich mit dieser Materie zu beschäftigen, da die Kreditwirtschaft bei ihren Finanzierungen künftig nur mehr nachhaltige Projekte berücksichtigt, die sich an die Richtlinien halten. Geschieht dies nicht, droht nicht nur ein restriktiver Zugang zu finanziellen Mitteln am Kapitalmarkt , sondern perspektivisch auch der Werteverlust einer Immobilie.

Von der Theorie zur Praxis

Notwendig für die praktische Umsetzung der ESG-Kriterien ist vor allem eine unternehmensübergreifende Datenbasis, in der sämtliche Gebäude- und mit dem Thema ESG zusammenhängende Daten erfasst, aufgelistet, aktualisiert und sinnvoll miteinander vernetzt sind. Dies wiederum erfordert eine durchgängige Digitalisierungsstrategie, die auch Verfahren zur Datenanalyse einsetzt, um die gesammelten Daten nutzbringend zu verwerten: Gemeint ist damit die Exploration, Transformation und Analyse der Daten, um Trends und Muster aufzudecken. So lassen sich aussagekräftige Erkenntnisse gewinnen, mit deren Hilfe nachhaltige, effiziente und umweltgerechte Lösungen entdeckt und umgesetzt werden können. Auch die Integration von smarten Lösungen und KI ist dabei.

OWP12 – ESG im Alltag umgesetzt

Mit Hilfe solcher datenbasierten Verfahren haben erste Unternehmen inzwischen ESG-konforme Gebäude realisiert. So auch die Drees & Sommer SE mit ihrem neuen Bürogebäude OWP12. Geplant und gebaut hat das Planungs- und Beratungsunternehmen das in weiten Teilen nach dem Cradle to Cradle-Prinzip konstruierte Plusenergiehaus mit digitalen Methoden wie Building Information Modeling, kurz BIM und Lean Construction Management (LCM) mittels der Software LCM Digital für schlanke Bauprozesse. 

Digitalisierung als zentrales Element

Im laufenden Betrieb unterstützt das Gebäude OWP12 die Mitarbeitenden mit digitalen Alltagshelfern. Per App können beispielsweise Konferenzräume gebucht werden und auch Heizung, Kühlung, Lüftung oder Licht lassen sich individuell sowie automatisiert an die individuellen Bedürfnisse anpassen. So interagiert beispielsweise die Beleuchtung mit der Belegung der Räume und das Reinigungspersonal erfährt digital, welcher Raum benutzt wurde und welcher sauber geblieben ist. Damit reduziert Drees & Sommer über die in der OWP12 angewandten Data-Analytics-Verfahren nicht nur die eigenen Zeitaufwände und Kosten. Der digitale Weg verspricht auch Energieeinsparungen von bis zu 70 Prozent.

Gebautes Kreislaufprinzip

Durch das BIM-Modell weiß das Unternehmen zudem genau, welche Bauteile und Materialien an welchen Stellen im Gebäude verbaut wurden. Diese Informationen wurden in einem Materialpassport gelistet, sodass sie jederzeit abrufbar sind. „Mit Tools und Plattformen wie dem Building Circularity Passport® und Madaster können alle relevanten Daten schon heute transparent dargestellt, verfolgt und in die ESG-Berichte integriert werden“, so Dr. Peter Mösle, Partner der Drees & Sommer SE und Geschäftsführer der EPEA GmbH. „Das haben wir bei unserem eigenen Projekt daher auch umgesetzt.“

So können die Materialien der OWP12 nach dem Rückbau nicht nur einfach wiederverwertet werden. Der Datenschatz macht das Gebäude auch zum Rohstoffdepot, dessen Wert kontinuierlich steigen kann. Die Nutzbarmachung und das intelligente Management der digitalisierten Daten erweisen sich somit als Gewinn für jedermann – und die Umwelt sowieso. 


26.07.2022

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