KI-Taxonomie für das Bauwesen


Wir stellen erstmals eine KI-Taxonomie für die Bauwirtschaft vor. Sie verortet KI-Lösungen entlang der Wertschöpfungskette Bau und weist ihren möglichen Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen aus. Zugleich legt sie die zugrunde liegenden technischen KI-Bausteine offen und bietet damit eine erste Orientierung und nachvollziehbare Grundlage für Auswahl und Einführung von KI-Lösungen in Unternehmen.

Der Markt für KI-Lösungen im Bau wächst schnell, doch vielen Unternehmen fehlt eine verlässliche Orientierung: Welche Anwendung passt zu welcher Phase, wie unterstützt sie potenziell Aspekte der Nachhaltigkeit und was ist technisch dafür nötig? Unsere KI-Taxonomie beantwortet diese Fragen, indem sie Lösungen entlang der Wertschöpfungskette von der Projektentwicklung über Planung und Ausführung bis zum Gebäudebetrieb und Rückbau ordnet, ihren potenziellen Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen sichtbar macht, die Debatte um KI und Nachhaltigkeit nicht scheut, und die Technik dahinter mit einem klaren, herstellerneutralen Baukastensystem beschreibt. Die vollständige Übersicht haben wir in ein interaktives Miro-Board überführt, das Sie hier aufrufen können

Wie ist die KI-Taxonomie aufgebaut?

Die Struktur der Taxonomie folgt insgesamt einer zweidimensionalen Logik, die den Einstieg erleichtern soll. Auf der X-Achse steht die Wertschöpfungskette Bau mit den Phasen Projektentwicklung, Projektsteuerung, Planung, Baustoffe, Bauausführung, Gebäudebetrieb und Rückbau; damit wird auf einen Blick erkennbar, wo im Projekt eine Lösung wirkt und welche benachbarten Abläufe berührt werden können. Auf der Y-Achse zeigen wir die dominierende technische Fähigkeit im Kontext von KI: Sprach- und Textverstehen, Datenmanagement und Analyse, Bilderkennung, Generative KI sowie Sensorik und Kommunikation. 

Die einzelnen KI-Lösungen verknüpfen wir dann wiederum mit zentralen Nachhaltigkeitszielen (SDGs). Wir dokumentieren, auf welche Ziele der Vereinten Nationen die Lösung potenziell einzahlen kann. Zum anderen ordnen wir jeder KI-Lösung einzelne technische Bausteine aus dem KI-Periodensystem zu, so dass deutlich wird, welche Daten gebraucht werden, welche Auswertungen stattfinden und welche Ergebnisse zurückfließen. 

Was steckt genau hinter dem KI-Periodensystem?

Das KI-Periodensystem fasst die Technik hinter den Lösungen nicht als „die eine KI“, sondern als viele klar benannte Elemente zusammen. In Anlehnung an das von Bitkom beschriebene Schema werden 28 Elemente unterschieden, die in drei aufeinanderfolgende Funktionsbereiche geordnet sind: Assess (Erfassen und Aufbereiten), Infer (Verstehen und Vorhersagen) und Respond (Handeln und Erzeugen). Jedes der 28 Elemente lässt sich einem Funktionsbereich zuordnen und steht für eine abgegrenzte Fähigkeit, zum Beispiel das Auslesen von Plänen und Texten, die Erkennung von Objekten in Bildern, oder die Prognose von Kosten und Terminen. Auf unseren Kacheln ist jedes Element mit einem Kürzel und einer Farbe gekennzeichnet; so wird sichtbar, welche Kombination von Elementen eine konkrete Lösung nutzen kann. 

In dem Funktionsbereich “Assess” (grüne Kacheln) geht es zunächst um das Erfassen und Aufbereiten von Daten, um eine belastbare Datengrundlage zu schaffen. Sensoren und Scans liefern Bilder, Texte und Pläne, die automatisiert ausgelesen werden. Durch Bereinigung, Plausibilitätsprüfungen und das Verknüpfen verteilter Quellen entsteht ein konsistenter Datenbestand, auf den sich Entscheidungen stützen lassen.

“Infer” (gelbe Kacheln) umfasst das fachliche Verstehen der zuvor aufbereiteten Daten und die Vorhersage zentraler Projektgrößen, etwa Bauteile und Zustände, abgeleitete Mengen, sowie Kosten-, Termin- und Risikoentwicklungen. Auf dieser Grundlage ordnen Modelle die Informationen, erkennen und segmentieren zum Beispiel Bauteile, rekonstruieren Geometrien und leiten Mengen oder Zustände ab. Darauf aufbauend erstellen sie belastbare Schätzungen zu Kosten, Terminen und Risiken, sodass Unsicherheiten früh sichtbar werden und Varianten sachlich vergleichbar sind.

„Respond“ (orange/lila Kacheln) steht für das Erzeugen von Ergebnissen und das Auslösen festgelegter Abläufe. Aus den Auswertungen entstehen umsetzbare Artefakte und Prozessschritte: Systeme generieren Berichte, Pläne und Modelle, leiten nachvollziehbare Empfehlungen ab und starten definierte Workflows; wo vorgesehen, kann bspw. ein klar abgegrenztes KI-Modul (KI-Agent) Teilaufgaben innerhalb fester Regeln übernehmen und protokolliert jeden Schritt.

Ein Beispiel macht die Logik der KI-Taxonomie greifbar: Bei der KI-automatisierten 2D/3D-Gebäudedigitalisierung erfasst Assess den Bestand per LiDAR oder Kamera und macht die Daten nutzbar. Infer erkennt daraus Bauteile, rekonstruiert Geometrien und prüft die Qualität. Respond generiert automatisch Pläne und BIM-Modelle für Planung und Betrieb. Der SDG-Beitrag liegt insbesondere in SDG 9, 11, 12 und 13, weil präzisere Bestandsdaten Sanierungen beschleunigen, Materialverschwendung verringern und CO₂-Intensität senken. Für Unternehmen bedeutet das schnellere Planungsstarts, sicherere Budgets und weniger Nacharbeiten.

Kurz: Unsere Taxonomie bietet eine erste, praxisnahe Orientierung über KI-Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette Bau, erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit; wenn Sie Lösungen ergänzen möchten, kontaktieren Sie gerne Elisabeth Ebert: e.ebert@uni-mannheim.de 

14.10.2025